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Über den Tod zu reden heißt über das Leben zu philosophieren
Dr. Christoph Quarchs Vortrag im Hohhaus stieß auf große Resonanz

Bereits zum fünften Mal war der Fuldaer Philosoph, Lebens- und Organisationsberater Dr. Christoph Quarch auf Einladung des Vereins zur Förderung der psychatrischen Einrichtungen der Stiftung Heilanstalt für Kranke zu Gast in Lauterbach, um im Rokokosaal des Hohhauses einen philosphischen Vortrag zu halten. Es sollte dieses Mal ein besonders schwieriges Unterfangen werden, denn „Der Tod macht uns sprachlos“, so das erste Statement des Referenten über sein Thema.
In seiner Einleitung beschrieb Dr. Quarch, ausgehend von persönlichen Erfahungen mit dem Tod, dass Schweigen oft eine durchaus angemessene Reaktion auf die Konfrontation mit dem Tod sei. Insgesamt aber beklagte er, dieses Thema sei in unserer Kultur zu sehr an den Rand gedrängt, und selbst bei religiösen Menschen herrsche eine höchst diffuse Vorstellung über den Tod vor.
Aber: „Wir müssen über den Tod reden, weil er uns etwas über das Leben zu sagen hat“, so die zentrale Ausgangsthese. Die Hauptfragestellung müsse daher lauten: „Was bedeutet der Tod für unser Leben?“



Drei verschiedene Antworten, die zu unterschiedlichen Zeiten von Philosophen gegeben wurden, analysierte Quarch im Hauptteil seines Referates. Zu Beginn zitierte er aus dem Werk „Sein und Zeit“ aus dem Jahr 1927 von Martin Heidegger. Dieser konstatierte, wir stellten uns dem Tod am besten, indem wir vor ihm Angst haben. Der Tod sein unverfügbar und nicht planbar, unser auf Fürsorge ausgerichtetes Leben stehe dazu im Gegensatz. Heidegger definierte den Tod als „Die Möglichkeit der Unmöglichkeit aller Möglichkeiten“, weil die menschliche Entscheidungskompetenz mit ihm ende. Davor Angst zu empfinden schaffe ein Bewußtsein für die Möglichkeiten, die wir im Leben haben und betone die Freiheit des Menschen. Der Ruf des Todes gelte somit der Eigentlichkeit des Lebens.
Die zweite philosphische These über den Tod war die der mittelalterlichen Mystik, formuliert durch den bedeutenden Denker Meister Eckhart. Im Gegensatz zu Heidegger wird hier der Tod als Verheißung einer anderen Welt verstanden. Das Ego werde durch den Tod endgültig überwunden. Dies sei ein Gewinn, weil dadurch auch Pein und Mühsal ein Ende haben. Teilweise durch Meditation oder mystische Versenkung, endgültig aber durch den Tod könne der Mensch sein Ich überwinden und Eins sein mit Gott. Daher müsse man den Tod nicht fürchten.
Aus der griechischen Antike stammte die dritte vorgestellte These, genauer von Sokrates, überliefert durch Plato. Nach diesem sei das Wesentliche, der Ursprung wie auch das Unsterbliche an allen Dingen und auch an Menschen der ihnen innewohnende Sinn. Der Tod fordere die Menschen daher auf, mit dem Sinn ihres Daseins in Kontakt zu treten und sich darüber Gedanken zu machen, weil dieser Sinn über den Tod hinaus Bestand habe. Denn der Sinn jedes Individuums sei gleichsam im Weltgeist gespeichert. Sinnvoll zu Leben bedeute damit ein Bewusstsein dessen zu haben, was an uns unsterblich ist. Die Forderung daraus sei: „Lebe so, dass Du mit Dir im Einklang bist!“
Dr. Quarch forderte seine zahlreichen Zuhörer dazu auf, selbst zu prüfen, wie weit diese drei Anschauungen mit persönlichen Erfahrungen mit dem Tod in Einklang zu bringen seien. Die Thesen Sokrates’ seien von den vorgestellten immerhin die einzigen, welche einen gewissen Fortbestand des Individuellen nach dem Tode voraussetzten (was bei den Thesen Heideggers allerdings auch nicht ganz ausgeschlossen erscheint, schreibt er doch von der „Möglichkeit der Unmöglichkeit aller Möglichkeiten“ und nicht von der „Gewissheit der Unmöglichkeit...“). Daher erachtete Dr. Quarch die Auffassung von Sokrates als die beste Einstellung zum Tod. Diese fordere zu einer bestimmten Lebensform auf, und weiter gedacht sei dies die Lebensform der liebe, da der Mensch nur durch sie in der Lage sei, seinen Sinn zu finden.
Das Puhblikum folgte bis zum Schluss mit Spannung und großer Aufmerksamkeit den Ausführungen, viele fühlten sich deutlich bereichert. Der wohl strukturierte, klare und inhaltsreiche Vortrag erhielt viel Applaus und sorgte auch im Nachhinein noch für viele Diskussionen.

Martin Krauss