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Nachwuchsstars haben den Bogen raus
Klezmer und andere Töne unplugged / Künstler begeistert von der Kulturstation
Von Gerhard Otterbein

Sie kamen aus Thailand und waren auf dem Weg nach Spanien. Die Lauterbacher „Kulturstation“ am Südbahnhof diente als Zwischenstation. Vincent (21) und David (18) Geer haben den Bogen raus, der über die Saiten von Violine und Violoncello streicht. Zusammen sind sie das „Duo Cord“ aus Bamberg und sorgen mit ihrer Instrumentalmusik überall für Furore. Die Fachwelt handelt sie als die Nachwuchs-Stars in der Welt der jiddischen Musik. Fakt ist: Unverstärkte Klänge und von der Elektronik unangetastet, so präsentierten die Künstler ihren ganz eigenen Klezmer und andere Töne. Im ersten Teil klang es noch sehr authentisch, aber nach der Pause spielten David und Vincent Geere auch viele Stücke, die kaum direkt als Klezmer-Musik zu bezeichnen waren. Beim ersten Stück „Zigan“ konnte man die Lagerfeuerromantik der rumänischen Zigeuner noch erahnen, aber wie angekündigt, vereinten sich im zweiten Teil Klassik, Jazz, Balkan- und moderne E-Musik. Die Erwartungen vom Veranstalter und den Zuschauern wurden weit übertroffen. Das bestätigte Martin Krauss vom Vorstand des Kulturvereins. „Erstaunlich die rhythmische Komplexität, die die beiden Musiker brillant beherrschen und ihr bruchloses Zusammenspiel aus einem Guss“, kommentierte er die Leistung. Auch die Künstler waren voll des Lobes über Veranstaltungsort und Atmosphäre: „Es war das schönste Konzert, das wir seit längerer Zeit gespielt haben“, äußerten sich beide. Sie stehen nicht alleine mit ihrer Meinung, dass Lauterbach über ein außergewöhnliches Kleinod für künstlerische Auftritte mit der Halle am Südbahnhof verfügt.

    

An diesem Abend trafen jugendliche Zwanglosigkeit gepaart mit musikalischer Reife aufeinander. Vincent Geer packte viel Humor und Information in seine Ankündigungen und Erklärungen zu den Musikstücken. Salopp erkannte er in der jüdischen Legende vom Golem Facetten des Frankenstein Monsters. Bei Rabbi Löws Golem handelt es sich um eine menschenähnliche Gestalt, welche aus Lehm und Ton geschaffen wurde und besondere Kräfte besitzt, Befehlen folgen aber nicht sprechen kann. Durchaus könnte das die Vorlage zu Mary Shelleys (1818) Roman gewesen sein. Der musikalische Golem stammt vom Komponisten und Musiker Daniel Hoffman, der weltweit zu den führenden Experten an der jiddischen „Fidl“ zählt. Der Zufall, Hoffman und eine CD von „DAVKA“ waren es, welche dem „Duo Cord“ das Leben einhauchte, die Impulse pro Klezmer, pro Weltmusik gaben. Hofmann zählt heute zu ihren Freunden.
Vincent erzählte auch von einer schlaflosen Nacht, in der die Eigenkomposition „kontraproduktiv“ entstand. Kaum war der letzte Ton verklungen sagte Elfriede Roth aus Lauterbach begeistert: „Das klingt aber ziemlich ausgeschlafen!“

    

Der krönende Abschluss bildete die Zugabe (insgesamt gab es zwei davon). Mit dem traurigen Lied vom sterbenden Zigeuner verabschiedete sich das „Duo Cord“ aus Lauterbach.
     Das letzte Konzert der Saison in der „Kulturstation“ findet am Freitag, dem 27. August, um 20.30 Uhr, statt. Die Kölner Musiker Peter Korbel (Gitarre) und Hartmut Frank (Viola), besser bekannt als „Duo Chapaqueada“, werden den „Kultursommer“ des Kulturvereins in Lauterbach ausklingen lassen.

(Bilder: Krauss)