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Glänzender Abschluss mit spanischem Temperament

Letztes Konzert der Saison in der „Kulturstation“ - „Duo Chapaqueada“ begeisterte

Von Gerhard Otterbein


Das Beste kommt immer zum Schluss - heißt es. Wer keine Redensart mag, der hält sich an die Fakten. Der letzte musikalische und kulturelle „Zug“ dieses Sommers hat die „Kulturstation“ am Südbahnhof in Richtung Spanien und Südamerika verlassen. Denn das „Duo Chapaqueada“ bot in der umfunktionierten Lagerhalle klassische Musik mit Werken vorwiegend aus diesen Ländern.
Klassik sei eigentlich nicht das Genre des Lauterbacher Kulturvereins, sagte Martin Krauss vom Vorstand. „Wir sind für alles offen und an allem interessiert“, begründete er den Entschluss, die Musiker Hartmut Frank (Viola) und Peter Korbel (Gitarre) zu verpflichten. Der Kontakt war über die Mitglieder Erika und Manfred Pachten zustande gekommen. Beide kennen die Kölner Tonkünstler privat. Die Entscheidung stellte sich als goldrichtig heraus. Das Duo präsentierte einen Ausklang, der die Leichtigkeit eines Sommers mit vielen kulturellen Highlights noch einmal aufleben ließ. Die Zusammenstellung der Musikstücke hätte man durchaus mit spanischen Weinen (spritziger Cava und vollmundiger Rotwein) vergleichen können.
Martin Krauss vergaß nicht, sich für die Nutzungsmöglichkeit der Lagerhalle bei den Eigentümern Brigitte und Reinhard Folke zu bedanken. Als kleine Aufmerksamkeit überreichte er ein Präsent. Für das Ehepaar ist es immer wieder eine Freude, so Brigitte Folke, wenn die Kunst das Gebäude aus dem Winterschlaf erweckt.
„Duo Chapaqueada“ gestaltete den Auftakt mit drei Sätzen aus der Serenade von Leonard de Call. Dabei verzichteten sie auf jegliche elektronischen Hilfsmittel. Die natürliche Klangfarbe sollte den Zuhörern erhalten bleiben. „Mozart spielte auch ohne Verstärker!“, rechtfertigte Peter Korbel die Entscheidung. Seit etwa anderthalb Jahren spielen die Musiker als Duo. Erstaunlich, wie Viola und Gitarre miteinander harmonieren. Ob die Harmonie durch zeitintensives Üben oder durch musikalische Seelenverwandtschaft zustande kam, darüber rätselten manche Besucher. Hartmut Frank überzeugte nicht nur durch seine exquisite Technik, sondern vor allem durch seine erkennbare Spielfreude. Peter Korbel war an Feingefühl und Rhythmusverständnis nicht zu überbieten. Sein Markenzeichen: weicher und dennoch markanter Gitarrenklang. Gemeinsam widerlegten sie eventuelle Skepsis: Klassische Klänge und altgediente Bühnenbretter unter den Füßen würden nicht zusammenpassen.
Chapaqueada ist ein bolivianischer Tanz, der zu jeder Tageszeit gespielt und dort in den Straßen getanzt wird. Gleichzeitig ist es ein bolivianisches Kinderlied. In dem Zusammenhang wies Peter Korbel auf sein musikalisches Kinderprojekt, „Rockos Reisen“, hin. Korbel erzählt darin die Geschichte von Rocko, dem sein Gitarrenlehrer keine neuen Lieder mehr zeigen kann. Um welche zu finden, begibt Rocko sich auf eine abenteuerliche Weltreise. Jedoch waren an diesem Abend die Erwachsenen an der Reihe, um mit dem „Duo Chapaqueada“ Spanien und lateinamerikanische Länder musikalisch zu bereisen. So fand sich der Zuhörer in Brasilien wieder, als „Bachianas Brasileiras“ von Heitor Villa-Lobos zum Besten gegeben wurde. Die Musik soll der Komponist nicht beim Anblick des Amazonas eingefallen sein, sondern die Menschen in den Nachtclubs Rios hätten den Komponisten inspiriert.
Argentinien und der „Tango nuevo“ spielten gegen Ende des Konzerts eine Hauptrolle. Das Duo bediente sich beim Komponisten Astor Piazolla, der für argentinischen Tango und die These steht, dass es in Südamerika offenbar keine breite Kluft zwischen Klassik, Unterhaltungsmusik und Folklore gibt, wie sie in unseren Breiten gepflegt wird.
Die Kunst am Südbahnhof macht Pause. Das Programm des Kulturvereins geht im „Posthotel Johannesberg“ am 10. September weiter. Dann wird türkische Dichtkunst im Fokus stehen. Die Schauspielerinnen Ursula Illert und Tülay Yongaci werden den Schriftsteller Nâzim Hikmet im Original und in der Übersetzung vortragen. Das Duo „Lézarde Jazz“, Anka Hirsch (Cello) und Elvira Plenar (Klavier), werden den musikalischen Teil bestreiten.

Bilder: Krauss