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Freude ebenso am Schönen wie am Vetrackten der Musik
Das Duo Riul bot bei Gastkonzert des HR im Hohhaus einen makellosen und brillanten Auftritt

Wir wollen ja ehrlich sein: wenn es so gar nichts zu mäkeln gibt, macht das Schreiben einer Kritik nicht den rechten Spaß – das Zuhören beim Konzert dagegen umso mehr. So war es beim Hohhaus-Konzert mit dem Duo Riul, das sind Sebastian Manz mit der Klarinette und Martin Klett am Klavier, im Gastkonzert des Hessischen Rundfunks. Susanne Scheffer von der Redaktion Kammmermusik bei HR2 begrüßte die vielen Gäste (wie überhaupt erfreulich zu bemerken ist, dass die Hohhaus-Konzerte offenbar neues und auch jüngeres Publikum hinzugewonnen haben) und stellte die Musiker als mehrfach preisgekrönte, junge und frische Interpreten vor. Das Konzert wird am So., 5. April dieses Jahres auf hr2-Kultur gesendet, wer es verpasst hat, sollte sich das unbedingt anhören - wer es erlebt hat, wird dies ohnehin tun.


Sebastian Manz (Klarinette) und Martin Klett (Klavier) unter den Mikrophonen des von hr2-Kultur beim Hohhaus-Konzert.

Das Duo Riul bot in der Tat eine Vorstellung, die höchsten Ansprüchen genügte und die unbändige Spiellaune und -freude ebenso am Schönen wie auch am Vertrackten der Musik ungeschmälert vermittelte. Das funktionierte vom Beginn an, dem Fantasiestück op. 73 von Robert Schumann (1810-1856), gleichsam der Klassiker für diese Besetzung, ein ob seiner schönen Melodieführung durch beide Instrumente oft aufgeführtes Stück, das aber hier besonders markant und frisch, geradezu feurig daher kam, bis zum Ende, einem Präsentierstück für Virtuosität, Technik und Ausdruck, nämlich „Scaramouche“ op. 165b von Darius Milhaud (1892-1974), in dem zahlreiche Musikstile bis hin zu Ragtime und südamerikanischer Volksmusik vereint werden – Theatermusik eben, mit viel Humor und mitreißenden Melodien, die viele Zuhörer noch als Ohrwurm im Kopf hatten, als sie im Eisregen nach Hause rutschten.
Dazwischen aber gab es noch viel zu erleben. Die „Vier Stücke für Klarinette und Klavier“ op. 5, von Alban Berg im Jahr 1913 fertig gestellt, sind nicht so leicht verständliche Musik (zumal wenn sie in einem Programm mit sonst so eingängigen Werken in dieser Eigenschaft quasi alleine stehen), aber ausdrucksstarke, vertrackte Miniaturen, auf wenige Motive komprimierte Tonkunst von lyrischem Charkater. Hier zählt neben der Reinheit des Tons, der feinsten dynamischen Abstimmung und der expressiven Phrasierung, wie sie die Künstler bereits beim Schumann an den Tag legten, vor allem die Koordination der Tempogestaltung, der Länge und des Nachdrucks der einzelnen Töne, was dem Duo optimal gelang.
Johannes Brahms’ Sonate in f-moll op. 120 Nr. 1 von 1894 ist ein Werk, in dem man als Zuhörer regelrecht versinken kann. Manz und Klett boten das Allegro appasionato rasant, die Phrasen markant, aber ohne Überzeichnung nachvollziehend und äußerst beweglich. Dennoch schienen die einzelnen Klarinettentöne fest im Raum zu stehen. Spätestens beim zweiten Satz in innig-gefühlvoller Manier entfaltete sich die kennzeichnende brahms’sche Tiefe, die seine Musik stets irgendwie weise erscheinen läßt. Nach dem elegant fließenden „Allegretto grazioso“ erschien der Finalsatz fast wie eine Befreiung. Bei dem heiteren, fast prickelnden, durch beide Stimmen alternierenden Abwärtsmotiv zeigte das Duo seine überzeugendste Leistung.
Aber auch die Es-Dur-Sonate op. 167 von Camille Saint-Saëns, im Jahr 1921 geschrieben und dennoch stilistisch nahe an den Werken der Klassik, gelang zauberhaft interpretiert. Das geheinisvoll klingende Lento war dabei vielleicht der Stärkste Moment in einer brillanten Darbietung, bei der sich beide Musiker in Sachen Ausdruck und Virtuosität in nichts nachstanden.
Ihre Vorliebe für moderne Werke unterstichen Manz und Klett auch bei der ersten, heftig erklatschten Zugabe, dem „Petit Pièce“ von Claude Debussy aus dem Jahr 1910. Aber das reichte dem Publikum noch nicht, auch der erste Satz aus Milhauds „Scaramouche“ musste wiederholt werden, ehe d
er Applaus nach weiteren Verbeugungen verebbte. Nur leider: für die Kritik war dieses Konzert kein Vergnügen.