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Perfekter Start in die neue Konzertsaion
Das Amaryllis-Quartett überzeugte das Publikum mit Alban Berg und Robert Schumann

Die Hohhaus-Konzertsaison hat wieder begonnen – und bereits das erste Konzert war außerordentlich gut besucht. Das Amaryllis-Quartett mit Gustav Frielinghaus (Violine), Lena Wirth (Violine), Lena Eckels (Viola) und Yves Sandoz (Cello) war erst drei Tage zuvor mit dem Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet worden und war gut aufgelegt, um sein anspruchsvolles Programm zu präsentieren. Als besonderes Merkmal pflegt dieses junge Quartett die Gegenüberstellung von klassischen Streichquartettkompositionen mit den Werken der neuen Wiener Schule. In Lauterbach folgerte daraus ein Programm aus einem Streichquartett von Joseph Haydn, einer Suite von Alban Berg und schließlich einem Schumann-Quartett.



Gute Laune und hohe Spielfreude hätten im Grunde bestens gepasst, um mit Joseph Haydns (1732-1809) F-Dur-Quartett op. 50/5 zu beginnen, denn heiterer Ausdruck ist da ja angelegt. Dennoch erwies sich diese Komposition zum Beginn als problematisch. Amaryllis erwies sich als höchst virtuos und legte eine straffe Interpretation in makellosem Zusammenspiel vor, allerdings in fast zu hohem Tempo. Technisch kein Problem für die exquaitien Musiker, eher eines für das Publikum und für den Ausdruck des Werkes, dessen verspielte Heiterkeit von einem Gefühl großer Unruhe, fast von Nervosität überlagert wurde. Dennoch war es ein Genuss, denn im Gegensatz zum Amaryllis-Quartett hat man Haydns Streichquartett auch schon regelrecht langweilig interpretiert gehört – davon freilich war man an diesem Abend weit entfernt.
Was also bei Joseph Haydn zwiespältig empfunden werden konnte, erwies sich bei der lyrischen Suite für Streichquartett aus dem Jahr 1926 von Alban Berg eindeutig als Vorteil. Bei dieser an sich schon höchst inspirierenden Musik entfaltete das Quartett seine immense, gestalterische Kraft. Berg hatte hier ein persönliches, tragisches Liebeserlebnis mit hoher Intensität künstlerisch umgesetzt, und das Amaryllis-Quartett meisterte nicht nur den erheblichen Schwierigkeitsgrad, sondern setzte das oft Suchende, Ambivalente in der Musik eindrucksvoll in Szene.
In der Kammermusik, so kann man den Eindruck haben, gewinnen die Kompositionen von Robert Schumann in den letzten Jahrzehnten immer noch an Bedeutung. Zu den vielen hervorragenden Einspielungen, die es auch vom Streichquartett Nr. 1 a-moll op. 41 gibt, stellte sich die Interpretation durch das Amaryllis-Quartett sicherlich in die erste Reihe. Sie zeichnete sich durch hervorragende klangliche Ausgestaltung und hohe Virtuosität aus, die temperamentvolles Spiel ohne Verwischungen ermöglichte. Da war aber auch die Einfühlsamkeit, die benötigt wird, um das gravitätische Zögern und das verhaltene Pathos im Adagio-Satz zu verwirklichen. Man konnte sich über grandiose Details der Interpretation freuen, wie etwa der beiläufige Unterton der 1. Geigenstimme im Scherzo, welche die Interpretation des Amaryllis-Quartetts von anderen absetzte. Bis hin zum ergreifenden Finale war es eine grandiose Aufführung, die entsprechend begeistert vom Publikum aufgenommen wurde.
Als Zugabe ließen die Musiker vom Amaryllis-Quartett das Publikum noch an ihrer Entdeckung teilhaben. Géza Fried (1904-89), ein niederländischer Komponist ungarischer Abstammung und Schüler von Bartock und Kodály, ist selbst den Fachleuten kaum bekannt, das Amaryllis-Quartett hat als bislang einziges vier seiner Streichquartette eingespielt und auf CD veröffentlicht. Mit dem ersten Satz des vierten Quartetts zeigten sie im Hohhaus auf, wie verdienstvoll diese Einspielung ist. Musik von hoher Originalität und künstlerischer Reife, bei der es noch viel zu entdecken gibt.