zurück

Botschaft von Demut und Barmherzigkeit gekonnt vermittelt
Erstmals ein Musical bei den Nieder-Mooser Orgelkonzerten aufgeführt

Der Vorstitzende des Prüfungsausschusses über die Heiligsprechung der Elisabeth von Thüringen wartet im Besprechungszimmer auf seine Kollegen. Da erscheint ihm Elisabeth leibhaftig und gibt ihm Gelegenheit, seine eigenen Zweifel an der Heiligkeit und den angeblichen Wundern dieser Person zu hinterfragen. Elisabeth breitet ihr gesamtes Leben vor ihm aus.
Im jahr 1207 als Tochter des Königs von Ungarn geboren wird sie bereits mit vier Jahren aus politischen Gründen Herrmann, dem Sohn des Landgrafen von Thürigen, verlobt und zieht auf dessen Burg, wo sie als verwöhnte Prinzessin ihre wilde Kindheit verbringt. Herrmann stirbt jedoch jung, und so kann sie dessen von ihr geliebten Bruder Ludwig ehelichen. Das junge Eheglück wird jedoch bald von Gewissensbissen Ludwigs gestört, der sich am Tode seines Bruders schuldig fühlt. Das Paar gerät unter den Einfluß der damals neuen Franziskaner, Elisabeth beginnt mit „Bußübungen“, zu denen auch ungezielte Akte der Mildtätigkeit gehören, Ludwig begibt sich auf Kreuzfahrt und kommt dabei um. Elisabeth kann diesen Verlust jahrelang nicht verschmerzen. Zudem wird sie von der Wartburg verbannt und flieht zu ihrem Beichtvater nach Marburg, wo sie ein Armenhospital gründet und Geld an Arme und Kranke verschenkt sowie sich um diese kümmert. Schon 1231 stirbt die ausgezehrte Prinzessin.
Was Intendant Alexander Eifler bei der Begrüßung zum zweiten Konzert der diesjährigen Nieder-Mooser Orgelkonzerte noch als „Versuch“ bezeichnete, nämlich in diesem Rahmen ein Musical (wenn auch ein religiöses) aufzuführen, wurde nach der Veranstaltung einhellig als Erfolg gefeiert. Das von Fabian Vogt verfasste und von ihm selbst in der Rolle des Raimund sowie seiner Frau Miriam Küllmer-Vogt als Elisabeth aufgeführte Musical erwies sich als ausdrucksstarkes Werk von hoher Spannung und tiefgründiger Geschichtsauslegung. Alle Befürchtungen bzgl. einer möglichen Verkitschung solch eines Stoffes in einem Musical erwiesen sich als unbegründet.
Dafür sorgte feilich auch die musikalische Umsetzung. Statt Streichersosse erklang als einziges Instrument das von Peter Krausch markant und effektiv eingesetzte Klavier. Der aus 21 Sängern bestehende „Zauberwort-Konzertchor“ aus Südhessen zeigte sich in optimaler Einstudierung mit besonders behutsamer Dynamikgestaltung. Fabian Vogt stieß in der Rolle des Raimunds zwar ab und an an seine gesanglichen Grenzen, aber meisterte seinen Part souverän und glaubwürdig. Miriam Küllmer-Vogt belegte die gesanglich wie schauspielerisch anspruchsvolle Rolle der noch nicht heiligen Elisabeth mit Tiefgründigkeit und mitreißender Lebhaftigkeit, die das gesamte Wechselbad der Gefühle einer verzweifelten, schließlich gebrochenen und doch wieder aufgrichteten Frau miterlebbar gestaltete.
Mit einem Minimum an Requisite, ohne Effekte und Spielereien gelang es einer ausgefeilten Inszenierung den Spannungsbogen nie abfallen zu lassen und durch geschicktes Stellungsspiel innere wie äußere Handlung zu verknüpfen.
Elisabeth wurde dabei als eine tragische, in Schuldkomplexe verstrickte Persönlichkeit dargestellt, die selbst am meisten an der Ehrenhaftigkeit der Motive ihrer Mildtätigkeit am meisten zweifelt. Nicht zweifelt sie jedoch an Gott und an ihrem Leitsatz „Wir sollen die Menschen fröhlich machen“, der ihr letztlich trotz Armut und Auszehrung ein versöhnliches Ende verschafft. Eine teilweise etwas überdeutlich didaktisch ausgelegte Interpretation des Lebens der Heiligen, die jedoch erfreulich deutlich auf das Substanzielle ihres Lebens fokussiert und von historischer wie teologischer Kompetenz zeugt.
Das Publikum war zugleich nachdenklich, bewegt und begeistert und applaudierte den Musikern und Schauspielern heftig.

Martin Krauss


Miriam Küllmer-Vogt als heilige Elisabeth in Nieder-Moos


Heilig oder nicht? Eine der intensiven Spielszenen im Musical über Elisabeth von Thüringen.