Französischer Kinderchor bezauberte Nieder-Moos
Saisonabschluss mit "Les Petits Chanteurs de Saint Marc" aus Lyon

Was hat ein französich-schweizerischer Spielfilm mit den Nieder-Mooser Orgelkonzerten zu tun? Beim Abschlusskonzert der aktuellen Saison sehr viel. Der Film "Les Choristes" (in deutsch Die Kinder des Monsieur Mathieu") aus dem Jahr 2002 ist einer der erfolgreichsten französischen Filme überhaupt, der zudem zwei Oscars für den "Besten fremsprachigen Film" und, siehe da, für den "Besten Filmsong" erhielt. Seine Besonderheit: er wurde fast ausschliesslich mit Laien besetzt, und als handlungstragenden Kinderchor entschied das Casting für "Les Petits Chanteurs de Saint Marc" aus Lyon, die mit samt ihrem Leiter Nicolas Porte die eigentliche Hauptrolle spielten.
Die ungeheure Popularität, die dieser Kinderchor daraufhin erlangte, und die weiter anhält, obwohl naturgemäss die Besetzung längst gewechselt hat, führte nun endlich zu seinem ersten Auftritt auf deutschem Boden in der Kirche zu Nieder-Moos. Alexander Eifler und sein Orgelkonzert-Team hatten große organisatorische Probleme zu bewältigen, doch das hat sich in mehrfacher Hinsicht gelohnt: Zum Einen war die Kirche trotz Zusatzbestuhlung restlos ausverkauft, zum Anderen erlebte das Publikum einen selten schönen Konzertabend, der mehr war denn ein reines musikalisches Erlebnis.
28 junge Menschen betraten das Bühnenpodest, zusammen mit ihrem souveränen Chorleiter und dem Piano-Spieler Dominic Faricier. Die Chorsänger, rund drei Viertel von ihnen Jungen, traten in der Kleidung auf, mit der sie auch im Film zu sehen waren. Ihr für einen Kinderchor sehr umfangreiches Repertoire bestand aus Kirchenliedern, meistenteils jedoch Volksliedern, von denen die meisten wiederum französische Lieder waren. Es gibt wohl keinen Kinder- oder Jugendchor, in dem nicht auch Spirituals gesungen werden, und auch um internationales Liedgut bemüht man sich allenthalben. Dass die "Petits" dabei neben einem deutschen jedoch ein japanisches, ein chinesisches und ein koreanisches Volkslied vortrugen kann man schon wieder als ungewöhnlich empfinden.
Es ist sicher nicht angebracht, diesen relativ kleinen und jungen Kinderchor z.B. mit den grossen und berühmten Knabenchören zu vergleichen. Die Arrangements der "Petits" waren relativ einfach gestrickt, und sowohl der Chor als auch die vier Solisten stießen zumindest im ersten Teil mehrfach an ihre stimmlichen Grenzen, wo diese nicht gar überschritten wurden. Dazu trug aber auch ein gehöriges Maß an Anfangsnervosität bei, wer könnte es diesen Kindern verdenken.
Doch auch vor der Pause schon offenbarte der Chor seine wahren Qualitäten: Stückauswahl und Arrangements, die den Chor nicht überforderten und ihm auf den Leib geschrieben schienen, Natürlichkeit, Musikalität, Unbefangenheit, Reinheit der Stimmen und eine unglaublich präzise Einstudierung. Da ging kein Einsatz daneben, da herrschte einheitliche Artikulation und exaktes Auslauten wie es von den Chören der Großen nur wenige hinbekommen.
Im zweiten Konzertteil, nun wesentlich entspannter auftretend, wuchs die Darbietung noch über sich hinaus. Zum ausdrucksvollen und eine perfekte Begleitung bietendem Klavierspiel von Dominic Faricier ertönten nun zauberhafte Solostimmen mit Charme und Ausdruck, und der Chor strahlte Lebendigkeit und Frische aus, wie sie wohl nur Kinderchöre bieten können.
Das Publikum staunte über die Kunst und die Sicherheit der Jungen und Mädchen, aber ebenso auch über den eleganten Wohlklang der hierorts meist unbekannten französischen Lieder. Die "Petits Chanteurs" hatten alle Sympathien auf ihrer Seite (was soweit ging, dass gleich nach dem Konzert schon Pläne für einen Schüleraustausch mit ihnen diskutiert wurden).
Der folgende Applaus wäre fast besorgniserregend gewesen, wüsste man nicht, dass die Nieder-Mooser Kirche bis zur nächsten Saison ohnehin renoviert werden soll. Die Kinder gaben noch eine ganze Hand voll zugaben, und selbst danach hatte man den Eindruck, dass die meisten Leute ihnen gerne nochmal von vorne zugehört hätten.

(Martin Krauss)




Einfach nur singen: die "Petits Chanteurs de Saint Marc" aus Lyon hatten keine Schau und keine Effekte nötig. - Bilder: Krauss