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23. Mai 2014 - Gewölbekeller Eisenbach

Eric Nauheimer: Das Loch - inszeniert und gespielt von Martin Menner

 

Pressekritik:

 

Nackte Panik im Gewölbekeller
Martin Menners überzeugendes Bühnenjubiläum beim Kulturverein

Von Gerhard Otterbein

LAUTERBACH. Ein Mensch am Rande des Wahnsinns. Ein Mensch, dessen leben sich mit einem Schlag auf den Kopf total verändert und der jedes Maß an Autonomie plötzlich einbüßt. Das war die große Herausforderung und dramatische Rolle für den Schauspieler Martin Menner. „Das Loch“ von Eric Nauheimer stand auf dem Spielplan des Gewölbekellers zu Eisenbach. Neben den Musikveranstaltungen legt man beim Lauterbacher Kulturverein Gewicht auch auf das Theater. „Das Loch“ stand auch für Menners 10-jähriges Bühnenjubiläum. Gleichzeitig war der Auftritt in Eisenbach auch eine Premierenfeier unter Freunden. Martin Menner stand schon oft im Auftrag des Kulturvereins auf Lauterbacher Bühnen. Auch dieses Mal enttäuschter er seinen Fankreis nicht. Dennoch, das Einpersonenstück verlangte ihm all seine Kraft ab. Der Eindruck, der Akteur sei in einer Stunde um Jahre gealtert, machte sich breit. Martin Menner spielte um sein Leben und das nicht nur auf der Bühne, sondern auch in der Rolle des Entführten.
Ein Stuhl, ein Tisch und eine Matratze in einem Raum – das ist das vorläufige Universum des entführten Unternehmers Mirko Wickert. In einem Verließ ist er seinen Entführern ausgeliefert. Nur wenn sie wollen, wird er den Raum lebend verlassen. Rasch treiben ihn die Erkenntnis seiner Gefangenschaft und die damit verbundene Angst an den Rand des Wahnsinns. Sein Verhalten wird absonderlich. Er möchte für die Entführer kochen. Etwas später freundet er sich mit einer Spinne und spricht mit ihr. In dem Fall geht die Begegnung des achtbeinigen Krabblers und des Entführungsopfers für die Spinne tödlich aus, denn die Gefühlsschwankungen der Geisel klaffen enorm auseinander.
Wer einen unterhaltsamen, netten Abend erwartete, der war in der falschen Veranstaltung gelandet. Was dem Schauspieler seine ganze Kraft abverlangte, das ging auch dem Zuschauer an die Substanz. 60 Minuten die nackte Panik eines Menschen zu ertragen, fiel nicht leicht.
„Angst ist ein kleines Loch, was sich ausdehnt“, lautete eine Textpassage. Zwar war die Angst nur gespielt, dennoch war sie dank Martin Menner echt und gegenwärtig. Gedanken an einen Rollentausch, die eigene Freiheitsberaubung, kamen hoch und wurden rasch wieder verdrängt. Freiheit. Ein einfaches Wort. Jedoch durch den Blick in das enge Gefängnis auf der Bühne erlangte der oft dahingesagte Begriff Freiheit große Bedeutung.
Den Entführer bekommen die Zuschauer und das Opfer nicht zu sehen. Man hört nur die Stimme des Kidnappers. Der Appell des Opfers an die Moral des Täters verläuft im Sand. „Jeder macht das, was er am besten kann“, sprach der Entführer. „Wenn alles glattgeht, ist das hier bald vorbei.“ Außerdem, so machte der Verbrecher klar, sei der moralische Unterschied zwischen Unternehmer und Kidnapper nicht besonders groß, wenn es ums Geld ginge, dann würden beide über Leichen gehen. Im Fall des Unternehmers Mirko Wickert gab es keine Leiche. Der Mann durfte sein Gefängnis lebend verlassen. Das war auch das Ende des Theaterstücks.
Martin Menner erhielt großen Beifall. Seinen Fans wurde wieder einmal bewusst, wie facettenreich die Schauspielkunst des Würzburgers ist. In dem Fall ließ er die Zuschauer nachdenklich den Heimweg antreten. Mit Gedanken, die nicht alle Tage den Geist beschäftigen.

 

Fotos: Otterbein